Pressekonferenz: “Die Zukunft der Gemeinschaftsverpflegung von Kindern und Jugendlichen in der Biostadt München”
MÜNCHEN. Zwei Projekte geben Anlass zum Feiern: München kann in Sachen Bio eine positive Bilanz präsentieren – und in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum feiern: 10 Jahre Biostadt München und 10 Jahre „Bio für Kinder“.
Auf der heutigen Pressekonferenz informierten Beatrix Zurek, Referentin für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München (RBS), Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (RGU) und Stephanie Weigel, Projektleitung „Bio für Kinder“ bei Tollwood über die bislang erzielten Erfolge in München und wie es mit der Verpflegungssituation in Münchner Kindertageseinrichtungen weitergeht.
Zehn Jahre, zwei Projekte – ein gemeinsames Ziel
Mehr Bio auf Münchens Tellern – auf diesen einfachen Nenner kann man das 2006 gesteckte, gemeinsame Ziel der Biostadt München und der Gemeinschaftsinitiative „Bio für Kinder“ bringen. Heute sind Bio-Produkte in fast jeder Einkaufstasche und auf immer mehr Speisekarten zu finden. Vor 10 Jahren sah dies noch anders aus, weshalb München sich als Biostadt auf den Weg machte mit dem Ziel, den Einsatz von Bio-Lebensmitteln in Kindereinrichtungen, im städtischen Geschäftsbereich und in der Gastronomie voranzutreiben. Seitdem ist einiges in Bewegung gekommen.
Die Biostadt München
In München bieten ca. 30 Gaststätten Bio-Produkte an, die städtischen Kantinen haben mittlerweile einen Bio-Wareneinsatz von 20 Prozent, der Stadtrat trinkt Fair Trade zertifizierten Bio-Kaffee und verzehrt werden Bio-Brezn. Besonders beeindruckend ist die Entwicklung in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen: 2013 stellten per Stadtratsbeschluss städtische Kindertageseinrichtungen auf 50 Prozent Bio-Wareneinsatz um, tierische Produkte stammen sogar zu 90 Prozent aus Öko-Haltung. Diese klare politische Weichenstellung – die immerhin für fast 400 Einrichtungen mit Plätzen für rund 35.000 Kinder und Jugendliche gilt – war ein wichtiger Erfolgsbaustein. Damit ist München bundesweit Vorreiter, was eine ökologische Außer-Haus-Verpflegung in städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen anbelangt.
„München ist ein Beispiel dafür, was eine engagierte Stadtverwaltung leisten kann: eine gesunde, nachhaltige Verpflegung in Kindergärten und Schulen zu so-zial verträglichen Preisen“, so Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München. „Unsere Kinder sollten uns eine gute und gesunde Ernährung wert sein!“
Gesichert wird dieser Erfolg durch ein breites Unterstützungsangebot, das von der Schulung der Verpflegungsverantwortlichen bis zur Sensibilisierung der Eltern im Rahmen des Veranstaltungsprogramms „München schmeckt Bio“ reicht. Anfang 2017 wird ein Leitfaden zur Unterstützung der Verwaltung bei der Beschaffung und dem Einsatz von Bio-Lebensmitteln veröffentlicht, der vom kommunalen Netzwerk der Biostädte herausgegeben wird.
Bio-regionale Beschaffung durch die Stadt und ihre Dienststellen
In einem nächsten Schritt soll künftig bei der Beschaffung von Fleisch und Fischprodukten durch die Stadt und ihre Dienststellen Bio und regionale Herkunft verknüpft werden. Als Orientierung soll das Biosiegel des bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dienen. „Wenn wir bei der Beschaffung unserer Fleisch- und Fischprodukte Regionalität und Bio miteinander verknüpfen, schaffen wir es, gute Qualität mit artgerechter Tierhaltung zu gewährleisten und die CO2-Bilanz durch kurze Transportwege möglichst gering zu halten. Durch die Marktmacht, welche die Stadt München hat, wird sich zudem die Erzeugung im Umland verstärkt auf ökologischen Anbau umstellen – zugunsten unserer unmittelbaren Umwelt und Gesundheit“, argumentiert Referentin Jacobs.
Die Gemeinschaftsinitiative „Bio für Kinder“
Tatsächlich ist die gesunde und ökologische Außer-Haus-Verpflegung von Kindern und Jugendlichen ein bedeutender Baustein der Biostadt München: Pro Jahr werden für die Zubereitung der Mittagessen rund 1.000 t Fleisch- und Wurstwaren, 1.600 t Obst und Gemüse und 740 t Milchprodukte benötigt. Diese Mengen in gesunder, nachhaltig produzierter Öko-Qualität auf den Tisch zu bringen, war 2006 der Anstoß für Tollwood und das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München die Gemeinschaftsinitiative „Bio für Kinder“ aus der Taufe zu heben.
32 Piloteinrichtungen durchliefen das Projekt: Begleitet von Praxisprofis stellten sie zu 100 Prozent auf Bio um, dokumentierten Lernerfolge und Herausforderungen. „10 Jahre Erfahrung und über 660.000 Bio-Mahlzeiten haben uns gezeigt: Bio-Kost in Kindergarten und Schule ist gewollt, machbar und finanzierbar“, fasst Stephanie Weigel, Projektleitung „Bio für Kinder“, zusammen. „Eine Bio-Hauptmahlzeit kostet nur ca. 13 Prozent mehr als eine vergleichbare konventionelle Mahlzeit. Das beweisen nicht nur die Zahlen des Pilotprojektes, sondern auch ein für die Stadt München angefertigtes Gutachten des Beratungsunternehmens a’verdis. Dieser vergleichsweise geringe Betrag sollte uns eine gesunde Bio-Verpflegung für unsere Kinder wert sein.“
Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt waren Grundlage für einen weiteren Erfolgsschritt, der dem Projekt „Bio für Kinder“ den Sprung über Münchens Stadtgrenzen ermöglicht hat: Die Entwicklung des Bio-Speiseplanmanagers – ein kostenloses, online verfügbares Tool, das Speiseplangestaltung, Kostenkalkulation und Rezepturen auf Knopfdruck erledigt. Über 850 Einrichtungen nutzen bereits den Bio-Speiseplanmanager (www.biospeiseplan.de).
Auf dem Sprung in die Zukunft
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die im Zuge des Ausbaus der Ganztagesschule werktags außer Haus versorgt werden, steigt enorm. Gleichzeitig nehmen ernährungsbedingte Krankheiten schon im Kindesalter zu, immer weniger Kinder wissen, wie man sich gesund ernährt. Der Verpflegung in Kindergärten und Schulen kommt damit eine immer größere Bedeutung zu.
Das Referat für Bildung und Sport stellt sich diesen Herausforderungen mit großem Erfolg: Seit 2011 wurden 51 Versorgungsküchen gebaut, 24 weitere befinden sich in Planung. Auch der Ernährungserziehung kommt ein wichtiger Stellenwert zu. Um die 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus etwa 190 Kitas und 36 Tagesheimen wurden bereits im Rahmen der Bio-Offensive geschult, und schon seit 20 Jahren bietet der städtische Arbeitskreis „gesunde Pause/Schulverpflegung ohne Abfall“ (Ak GO) Ernährungsbildungsaktionen an Schulen an. Das ist ein wichtiger Baustein zum Erfolg, denn: Eine Ernährungserziehung kann nur nachhaltig wirksam werden, wenn Theorie und Praxis verknüpft werden.
„Wir wollen in unseren Kitas und Schulen nicht nur hochwertiges Essen anbieten, sondern auch in den Kindern und Jugendlichen ein wertschätzendes Bewusstsein für Lebensmittel und Esskultur wecken“, sagt Stadtschulrätin Beatrix Zurek.
Vieles wurde erreicht – und vieles bleibt noch zu tun. In den Küchen braucht es gut ausgebildete Fachkräfte, die den gewachsenen Ansprüchen an eine gesunde, nachhaltige Außer-Haus-Verpflegung gerecht werden können. Der Ausbau der Versorgungsküchen mit der notwendigen Küchenausstattung wird auch in den kommenden Jahren einen Schwerpunkt bilden.
Und auch am gesellschaftlichen Bewusstsein muss weiter gearbeitet werden: „Eine gesunde, ausgewogene und dabei möglichst ökologische Verpflegung von Kindern und Jugendlichen sollte eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit sein. Die Basis dafür wird in den Kitas und Schulen gelegt, dafür setzen wir uns ein“, so Beatrix Zurek.